Fingerabdrücke in Reisepässen

Einmal mehr machen die Spezialisten vom CCC auf die Datensammelwut des deutschen Staates aufmerksam. Die erste Diskussion zu dem Thema habe ich Silvester 04/05 geführt. Mir wurde direkt das Totschlagargument „Ich habe nichts zu befürchten“ entgegengebracht und ich versuchte Aufklärungsarbeit zu leisten. Hat bei meinem Gegenüber leider nichts gebracht. Er beharrte weiter darauf, dass es eine super Sache sei. „Ist ja noch hin“, dachte ich mir, „da werden sich noch genug Leute finden, die was gegen die Fingerabdruckabgabe haben“. Mittlerweile ist die Zeit dafür mächtig knapp geworden.

Ich werde ihn noch mal fragen, wie er jetzt dazu steht, wenn ihm ein Stempelkissen aufgezwungen wird…

Hier die ungekürzte Mail vom CCC:

Fingerabdruck im Reisepass: Risikoexperiment an der Bevölkerung beginnt

16. Oktober 2007 (presse@ccc.de)

Ab 1. November startet die Erfassung der Fingerabdrücke aller
reisewilligen Bürger der Bundesrepublik auf den Meldeämtern. Nach
Beginn der Speicherung des digitalen Gesichtsbildes auf einem
Funkchip vor zwei Jahren wird damit das Projekt biometrische
Vollerfassung der Gesamtbevölkerung fortgesetzt. Der Chaos Computer
Club (CCC) weist nochmals auf die Risiken und Nebenwirkungen des
ePasses hin, die insbesondere Senioren betreffen werden.
Viele ältere Mitbürger werden bei der Abnahme von Fingerabdrücken
Probleme bekommen. Erfahrungen sowie internationale und deutsche
Studien zeigen, dass weit über 10% der Senioren damit rechnen müssen,
keine erfassbaren Fingerabdrücke zu haben. Daher erwartet sie
unweigerlich eine Diskriminierung durch verschärfte Kontrollen und
lange Wartezeiten. Neben den Senioren werden auch intensiv mit den
Händen arbeitende Menschen mit derartigen Benachteiligungen zu
kämpfen haben.

Der CCC weist darauf hin, dass nur noch wenige Tage Reisepässe ohne
Fingerabdruckerfassung auf den Bürgerämtern beantragt werden können.
Auch Besitzer eines noch gültigen Passes können einen neuen Pass
beantragen und so die Zeit bis zu einer Verfassungsprüfung
überbrücken. Bis dahin kann man sich auf diesem Wege der
biometrischen Datensammelwut der deutschen Behörden entziehen.

Der Sicherheitsgewinn durch die biometrischen Ausweisdokumente ist
dabei selbst nach Aussage der Bundesregierung nicht messbar. Dies
beweist eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im
Bundestag. [1] „Die Einführung dieser Risikotechnologie ist offenbar
vorwiegend durch die privatwirtschaftlichen Interessen nicht nur
ehemaliger Regierungsmitglieder motiviert â?? eigentlich ein Fall für
die Korruptionsliste von transparency international“, erklärt CCC-
Sprecher Dirk Engling.

Offen sind nach wie vor die tatsächlichen finanziellen Belastungen
der biometrischen Vollerfassung für die Allgemeinheit. Trotz der
inzwischen nahezu abgeschlossenen Beschaffung der Geräte gibt es
immer noch keine Aufstellung der entstehenden Gesamtkosten.

Das AusmaÃ? der Gefahren für die Betroffenen durch biometrische
Funkchips in Ausweisdokumenten illustrierte der Präsident des
Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, höchstselbst. Trotz aller
Beteuerungen seiner â??Expertenâ?, dass die biometrischen Daten â??sicherâ?
auf dem funkenden Chip seien, trägt Ziercke seinen eigenen Reisepass
in einer funkdichten Abschirmhülle.

Auch das Auswärtige Amt traut den Sicherheitsversprechungen des
Bundesinnenministeriums nicht. Diplomatenpässe werden â??wegen der
besonderen Gefährdungslageâ? keine Funkchips enthalten. [2] Der
normale Bürger hingegen muss mit dem Sicherheitsrisiko ePass auf
Reisen gehen.

Worum es den Sicherheitshysterikern in der deutschen Politik wirklich
geht, offenbart die Forderung der CDU nach Speicherung der sensiblen
biometrischen Daten bei den ausgebenden Behörden. „Die Beteuerungen
deutscher Politiker, die Fingerabdrücke würden nicht zentral
gespeichert, haben angesichts der maÃ?losen Datengier des Staates
nicht mal mehr Unterhaltungswert“, unterstrich der Sprecher des CCC
Dirk Engling. „Jetzt zu behaupten, dass es keine zentrale
Biometriedatei geben werde, ist eine vorsätzliche Täuschung des
Bürgers.“

Mit der unlängst beschlossenen Einführung der neuen biometrischen
Personalausweise wird die erkennungsdienstliche Behandlung aller
Bürger trotz der bekannten Sicherheitslücken fortgesetzt. Diese
bisher nur Verbrechern vorbehaltene MaÃ?nahme betrifft dann die
gesamte deutsche Bevölkerung.

Links

[1] Bundesregierung bestätigt die Unsinnigkeit von biometrischen
Ausweisdokumenten
http://www.ccc.de/updates/2007/biometrie-unsinn-deluxe?language=de
[2] Heise: Von Kinder-, Vorrats- und Passdaten
http://www.heise.de/newsticker/meldung/95038
Weiterführender Link zur Technik des biometrischen Reisepasses:
Chaosradio Express: Der Elektronische Reisepass
http://chaosradio.ccc.de/cre047.html

Ein Abschnitt, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss, ist sicherlich dieser: „Diplomatenpässe werden â??wegen der besonderen Gefährdungslageâ? keine Funkchips enthalten.

Ich würde lachen, wenn ich nicht weinen müsste…

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