Im Fontblog wurde der Ã?ffentlichkeit die auf der DIN-Schablonierschrift basierte Schrift Namens Parole des FontShops und Dataloo vorgestellt. Es handelt sich um eine mir sehr sympathische Schrift zum Thema Stasi 2.0 mit einigen chiquen Extras wie Politikerköpfen im Schablonenstil und OpenType Kontextsensitiv-Spielereien.
Die Schriftart ist unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 2.5 Lizenz zu haben, was besonders dem Web2.0-Blogger in mir sehr gut gefällt. Die wesentlichen Merkmale dieser Lizenz sind: Man darf das Lizensierte weitergeben und ‚remixen‘, also nach belieben Verändern, solange man die resultierenden Werke unter der gleichen Lizenz weitergibt und den Ursprungsautoren kenntlich macht.
Im Blogeintrag kann man dann jedoch lesen:
Was darf man mit Parole machen? Fast alles, auÃ?er den Font selbst zum Download anbieten und ihn verändern
Die der auf dataloo.de als .zip erhältliche Schriftart beinhaltet auch noch eine PDF-Datei mit Nutzungsbedingungen, in denen nochmal etwas genauer aufgeführt ist, dass Creative Commons nicht gleich Creative Commons ist:
2.2. Sie dürfen eine Sicherungskopie der Schrift-Software anfertigen und diese zur privaten Nutzung weitergeben.
2.3. Sie dürfen eine Kopie der Schrift-Software, die zur Erstellung eines bestimmten Dokuments verwendet worden ist, an ein kommerzielles Belichtungsstudio oder eine Druckerei zur unveränderten Ausgabe dieses Dokumentes geben.
2.4. Sie dürfen die Schrift-Software in Dokumente einbetten, entweder als gerasterte Darstellung der Schrift-Software (z.B. ein GIF, JPG) oder als Subset der Schrift-Software, solange (i) das Dokument in einem sicheren Format verbreitet wird, das nur das Ansehen und Drucken, aber nicht das Editieren des Dokuments
erlaubt und (ii) das Dokument kein Kommerzielles Produkt ist.
2.5. Mit Ausnahme von Ziff. 2.2. bis 2.4. dürfen Sie die Schrift-Software nicht vervielfältigen oder dies Dritten gestatten, insbesondere der Vertrieb per Download ist untersagt. Sämtliche Kopien der Schrift-Software müssen dieselben Hinweise auf Urheberrechte, Gewerbliche Schutzrechte oder Geheimhaltungshinweise enthalten wie die Originalvorlage.
2.6. Sie dürfen die Schrift-Software nicht modifizieren, anpassen, übersetzen, dekompilieren, einem Reverse Engineering unterziehen, verändern oder versuchen, den Quellcode zu ermitteln. Wenn Sie Modifikationen an der Schrift-Software wünschen, müssen Sie das schriftliches Einverständnis der Herausgeber einholen.
(Hervorhebung von mir)
Natürlich ist es als Urheber ihr gutes Recht [Nachtrag: nach Erlaubnis der Originalautoren], einer Lizenz nach Belieben ein paar Klauseln hinzuzufügen, aber man hätte doch gleich die Finger vom Buzzword „Creative Commons“ lassen können – so wäre wenigstens der fahle Beigeschmack garnicht erst aufgekommen und man hätte sich über die Geste und die Schriftart noch ein wenig mehr freuen können.
Update, 16:00 Uhr: In den Kommentaren finden sich verständliche Erklärungen der kreativen Köpfe, die durchaus lesenswert sind. (Kurzform: Remix erwünscht, Massen-Download-Portale sollen aber bitte drauÃ?en bleiben. Kann ich gut nachvollziehen.)
Jetzt müssten nur Menschen, die sich damit auskennen, entscheiden, ob eine englische Lizenz mit direktem Link zu der deutschen Version auch in Deutschland ihre Gültigkeit behält. Das maÃ?e ich mir als Nicht-Anwalt nicht an 😉
Update 2(.5), 17:30-17:40: Debianist Maik hat in einem etwas agressiven aber recht versiert scheinenden Kommentar angemerkt, dass die CC-Lizenz explizit Erweiterungen der Nutzungsvereinbarung ausschlieÃ?t. Anscheinend gibt es mit der Lizenz also doch mehr Probleme als nur ein wenig Verwirrung meinerseits und missverständlichen Formulierungen in den Nutzungsbedingungen.
Wie es scheint, ist die CC-Lizenz also für diesen Zweck etwas restriktiv. Ich hoffe, die angestrebte Lizenzänderung klappt ohne Probleme.
Update 3, 25.4. 14:00: Endupdate: „Parole“ ist jetzt, wie anzunehmen ist, schweren Herzens uneingeschränkt auf CC umgestellt worden. Eigentlich wollte ich allen Beteiligten garnicht so viel Arbeit machen, bin aber im Endeffekt froh, selbst einiges über das so, ähm, ‚interessante‘ Thema Lizenzrecht (bzw. die tatsächlich interessante, aber in diesem Fall kopfschmerzbereitende CC-Lizenz) gelernt zu haben. Ich hoffe, alle Beteiligten sehen es genauso und der Hauptfokus kann endlich wieder auf den künstlerischen Wert und nicht weiter auf die Lizenzen eines Werkes gerichtet werden.
Hallo Velox,
fühlst Du Dich in der Benutzung der Schrift eingeschrÀƒ¤nkt? Ich kann Deinen Worten nichts in dieser Richtung entnehmen.
Ich verstehe aber Deine Verwirrung als »Jurist« … sicher werde ich mir das Kleingedruckte noch mal ansehen. Die gewählte Creative Commens Lizenz liegt nur in englisch vor, so dass sie hier im Land keinerlei Rechtsverbindlichkeit hat. Darum habe ich mir schnell einen bestehenden Font-Lizenz-Text genommen, und diesen mit der heiÃ?en Nadel »liberalisiert«. Die Freiheit der Benutzung von Parole schränkt weder der englische, noch der deutsche Text ein.
Der Hintergrund für die Text-Ergänzung ist, dass Fonts aus urheberrechtlicher Sicht viel schlechter geschützt sind als Musik oder Fotos. Wenn ich einen 4-Minuten-Song von Nirvana auf 2 Minuten kürze, dann ist es immer noch ein Nirvana-Song und ich habe keinerlei Urheberrechte. Wenn ich einen Font auseinander nehme (zum Beispiel aus Parole die Köpfe extrahiere und einen neuen Font daraus generiere), dann erzeuge ich eine neue Font-Software, die ich als meine eigene Schöpfung verbreiten darf. Das wollen weder Dataloo, noch FontShop (ohne Nachfrage) zulassen.
Danke für das flotte Feedback!
Ich bin kein Jurist und wollte auch nicht den Eindruck erwecken, einer zu sein, bei mir herrscht noch das Recht des gesunden Menschenverstandes 😉
In der Benutzung fühle ich mich keineswegs eingeschränkt, hatte ich doch nicht vor, die Schrift zu verändern.
Sollte es jedoch jemand vorhaben und tatsächlich fremde Arbeit als seine eigene (den „Attribution Teil“ der CC-Lizenz ausser Acht lassend) abstempeln, so verstöÃ?t er auch gegen die CC-Lizenz, wenn ich diese recht verstanden habe.
Die Creative Commons Lizenz lag lange zeit nicht in deutscher Sprache vor, das ist richtig, aber seit einiger Zeit finden sich auf der Oberen Seite der… äh… Seite mit den Infos zur Lizenz links zu Lokalisierungen. Im Fall der gewählten Lizenz führt dieser Link zu http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de und dürfte laut http://de.creativecommons.org/faqs.html#weristfuer_antwort auch hierzulande gültig sein.
Ich verstehe auf jeden Fall die Einwände, und kann die Gründe für die Restriktionen nachvollziehen. Es ging mir mit dem Eintrag nur darum, meiner Verwirrung nach vollständigem Lesen der Nutzungsbedingunen Ausdruck zu verleihen.
Danke, dass Du dir die Zeit genommen hast, die Situation weiter zu erläutern. Natürlich geht noch ein Dank an euch, für die kostenlose Unterstützung politisch orientierter Künstler durch eine solide Font.
Das ist in der Tat etwas holprig…
So wie ich es (als einfachster *Hobbyjurist*) verstehe, bezieht sich der Begriff Software-Paket auf den OpenType Container sowie auf die Zusammenstellung der einzelnen *Buchstaben*. Die Idee ist, daÃ? diese Zusammenstellung erhalten bleiben soll – ein Resampling oder gar einer Erweiterung in diesem Rahmen ist aber absolut erwünscht – natürlich unter der Prämisse Share-Alike. (2.6 geht hier vielleicht etwas zu weit).
Die Einschränkung bei der Verteilung ist eigentlich klar zu definieren: wir wollen keine kommerzielle Verbreitung wie sie z.B. bei den meisten Freefont- & Softwaredownload-Plattformen üblich ist.
Immerhin gibt´s auch Positives zu berichten:
kommerzielle Nutzung des Fonts ist erlaubt – mit der wichtigen Einschränkung: nur im Rahmen politischer Kommunikation. Keine Chance den Softrinkherstellern dieser Welt.
Und ohne Marians Zustimmung hätten wir´s eh nicht gemacht.
Dennoch – vielleicht sollten wir die Profis fragen – wie man´s am besten formuliert: http://www.lawblog.de/
Ich werde das Kleingedruckte noch mal überarbeiten … bin aber im Moment nicht im Büro. Danke fürs Korrekturlesen (das Hervorheben der kritischen Stellen).
Hehe, ich wollt auch gerade losnörgeln, dass das mit den Lizenzen relativ unschön geregelt ist — aber wenn mir jemand zuvorkommt, ist das ja auch in Ordnung.
Jürgen: „Die gewählte Creative Commens Lizenz liegt nur in englisch vor, so dass sie hier im Land keinerlei Rechtsverbindlichkeit hat.“ ist Blödsinn. Die rechtliche Anforderung an eine Willenserklärung ist lediglich, dass der Wille aus ihr klar oder mutmaÃ?lich hervorgeht. In welcher Sprache sie verfasst ist, ist egal. Ich kann in Deutschland unter Deutschen auf Englisch Verträge schlieÃ?en, Lizenzen erteilen und so weiter. Ã?berhaupt kein Problem und vollkommen rechtskräftig. Sogar die GPL, die nicht nur englisch ist, sondern noch nicht einmal an deutsches Recht angepasst, wurde in Deutschland schon erfolgreich durchgeboxt.
Gerade die genannte Klarheit der Willenserklärung ist hier aber alles andere als vorhanden: Eure Nebenabreden verbieten explizit Dinge, die die CC-Lizenz explizit erlaubt (z.B. Weiterverbreitung). Gleichzeitig enthält die CC-Lizenz eine Exklusivitätsklausel: „This License constitutes the entire agreement between the parties with respect to the Work licensed here. There are no understandings, agreements or representations with respect to the Work not specified here.“ HeiÃ?t: Sämtliche Einschränkungen auÃ?erhalb der CC-Lizenz inkl. des Redistributionsverbots kann man getrost ignorieren, weil die CC-Lizenz keine Einschränkungen auÃ?erhalb der Lizenz zulässt. Ã?brigens ist die CC-Lizenzversion, auf die ihr verlinkt, veraltet: Es gibt inzw. by-sa 3.0. Da die 2.5 dem Lizenznehmer explizit erlaubt, auf eigenen Wunsch eine höhere Version der gleichen Lizenz als Vertragsinhalt zu betrachten, gilt im Zweifelsfall die.
Velox, den Absatz könntest du übrigens auch im Blogposting korrigieren: Natürlich darf im Allgemeinen der Urheber seine Lizenz frei wählen, aber bei einer Lizenz, die das Hinzufügen von Klauseln explizit ausschlieÃ?t, geht genau das dann nicht mehr.
Fazit: Da wollte jemand CC benutzen (weil es gerade „in“ ist?), der das Lizenzrecht im Allgemeinen und die CC-Lizenzen im Speziellen so gar nicht verstanden hat.
Oha, die Exklusivitätsklausel war mir neu und könnte tatsächlich ein Problem werden, wenn die CC-Lizenz in diesem Fall weiterbenutzt werden soll.
Wie in dem Nachtrag oben vermerkt, verstehe ich, wenn jemand seine Arbeit nicht in MassenFontPortalen für den (Werbe-)Gewinn vollkommen unbeteiligter (im politisch aktivistischem Sinne) zur Schau stellen möchte, was aber nach deinen Ausführungen inkompatibel mit CC ist.
GruÃ?,
John
Ich finde die Diskussion lehrreich, mag aber die Unterstellungen nicht.
Mir gefällt die CC-Lösung inzwischen überhaupt nicht mehr, weil sie viel kritischer beäugt wird als eine stinknormale – liberale – selbstgestrickte deutschsprachige Public-Domain-Lizenz.
Ich verspüre keine groÃ?e Motivation, die Schrift unter CC laufen zu lassen und stimme mit den beteiligten Parteien gerade eine Individuallizenz ab (die letztlich genaus dasselbe sagen wird, was ich mir von CC erhofft habe).
Zum Hinweis, mein Eintrag wirke „etwas aggressiv“: Da muss ich nach nochmal Drüberlesen zustimmen, einige Formulierungen hätte ich deutlich sachlicher wählen können. Ich stehe aber zu dem, was ich gesagt habe, und denke, dass, wenn auch einiges in den etwas zickigen Bereich abrutscht, nichts ernsthaft beleidigendes darunter ist. Zumindest war es so nicht gemeint.
„Debianist?“ Das Wort habe ich so noch nicht gehört, aber dass ich Debian benutze, ist zweifellos wahr. Ich nehms mal als Kompliment.
Der Schreibfehler bei meinem Namen sei verziehen, der ist relativ naheliegend und passiert so oft, dass ich normalerweise Leuten, die meinen Namen für ein Formular oder so brauchen, gleich meinen Ausweis oder eine Visitenkarte hinlege — sonst muss ich ihn eh wieder mehrmals buchstabieren, nur damit es relativ oft trotzdem noch falsch wird. 🙂 (Der ähnlich ungewöhnliche Nachname hilft auch nicht gerade.)
Oh, der Fehler tut mir leid, ist bereinigt. „John“ wird zwar meist richtig geschrieben, bei meinem Nachnamen gibt’s aber auch manchmal mehrfache Buchstabiersessions. Ich fühle also mit dir 😉
Debianist ist auch tatsÀƒ¤chlich als Kompliment gemeint, schlieÃ?lich war ich auch jahrelang einer (bis xfree mich zu dem damals ansonsten gleichen Ubuntu getrieben hat, wo ich dann geblieben bin).
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Das ist keineswegs inkompatibel zu einer Creative Commons, auch wenn der Begriff „kommerziell“ im Umgang damit doch recht weit ausgelegt werden kann und sollte. Lizenzverstösse von (kommerziellen) Plattformen kann man durchaus angehen, denn die CC ersetzt ja nicht das hierzulande geltende Urheberrecht, sondern ergänzt dieses ja lediglich um eine Nutzungsform und einfache Handhabung in Form einer Lizenz. Und diese muss ja wiederum bei einer Weitergabe zwingend angegeben sein und dies dürfte bei den „Schmarotzern“ im Netz ja unterbleiben. Verhindern, dass der Font in diversen Portalen auftauchen wird, kann man aber weder durch Restriktionen, noch durch Freigabe, sondern eigentlich nur durch Aufklärung.
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»Parole« ist jetzt uneingeschränkt CC: http://www.fontblog.de/polit-font-parole-cc-hilft-nicht-wirklich
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